Ich bin Linus. Und Schule ist manchmal...

Hallo, ich bin Linus. Ich bin ein Kind wie viele andere – neugierig, manchmal laut, oft fröhlich, manchmal wütend oder traurig. Ich habe ganz viele Gedanken im Kopf, manchmal alle auf einmal. In der Schule ist es für mich nicht immer leicht. Manchmal ist es sogar richtig anstrengend. Ich erzähle dir mal, wie das für mich ist.
Wenn ich morgens zur Schule komme, ist da oft schon ganz viel los. Überall laufen Kinder herum, reden durcheinander, lachen oder streiten. Die Stühle quietschen, die Türen knallen, die Klingel ist viel zu laut. Alles auf einmal. In meinem Kopf wird es dann ganz wuselig – wie ein Radio mit hundert Sendern gleichzeitig. Ich brauche dann Zeit. Zeit, um anzukommen. Zeit, um mich zu sortieren. Aber die Schule wartet nicht. Der Unterricht beginnt.
Im Klassenzimmer soll ich dann ruhig sitzen, zuhören, schreiben, mitdenken. Das ist schwer. Mein Körper will sich bewegen. Meine Beine wippen, meine Hände wollen irgendwas anfassen. Ich versuche still zu sein – wirklich! – aber mein Körper macht manchmal einfach weiter. Das heißt nicht, dass ich frech bin. Es ist einfach, wie ich bin.
Wenn ich etwas weiß, will ich es sofort sagen. Ich will zeigen, dass ich etwas verstanden habe! Aber manchmal rede ich rein, ohne mich zu melden. Dann sagen die anderen, ich soll leise sein. Das macht mich traurig. Ich wollte doch nur mitmachen.
Manche Aufgaben verstehe ich nicht gleich. Dann spüre ich, wie in mir etwas eng wird. Ich werde wütend – auf die Aufgabe, auf mich, auf alles. Ich denke dann, ich bin dumm. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Aber in dem Moment fühlt es sich so an. Ich brauche einfach mehr Erklärungen. Oder ein Bild. Oder jemanden, der mir sagt: „Du kannst das. Wir machen das zusammen.“
Es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die sind sehr freundlich. Sie sagen: „Linus, ich sehe, dass du dich bemühst.“ Oder sie fragen mich, ob ich kurz frische Luft schnappen will, wenn ich unruhig werde. Das hilft. Dann kann ich besser weitermachen. Aber es gibt auch Erwachsene, die schnell schimpfen. Wenn ich zu spät bin, etwas verliere oder zu laut bin. Dann fühle ich mich ganz klein – und mache oft noch mehr falsch.
Am schönsten ist es, wenn jemand mich wirklich sieht. Wenn jemand merkt, dass ich es nicht mit Absicht mache. Wenn ich zeigen darf, was ich gut kann – Geschichten erzählen, Dinge beobachten, anderen Kindern helfen. Ich liebe es, wenn wir lachen dürfen. Wenn wir auch mal draußen lernen. Oder wenn ich kurz rennen darf, bevor es weitergeht. Dann fühle ich mich frei. Dann kann ich atmen.
Ich wünsche mir, dass die Schule für alle Kinder ein guter Ort ist. Auch für die, die ein bisschen anders denken oder fühlen. Wir wollen nicht stören. Wir wollen dazugehören. Einfach so, wie wir sind.
Dein Linus